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Der vergessene Bonzen Friedhof


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Es ist später Nachmittag, die Sonne verschwindet langsam hinter den Bäumen bei Burg Dalbenden.

Papa und ich stehen am Waldrand, und zwischen all dem Grün schimmert etwas Helles – Steine. Alte Steine.

„Da vorne“, sagt Papa leise. „Das ist er – der alte Friedhof.“


Ich schiebe die Taschenlampe tiefer in die Jackentasche. Der Wind raschelt durch das Laub, irgendwo ruft ein Vogel, und trotzdem fühlt sich alles irgendwie still an.

Ein bisschen gruselig – aber genau das mag ich.


Der Pfad ist schmal und zugewachsen. Zwischen Farnen und Moos blitzen Grabsteine hervor. Manche sind zerbrochen, andere mit seltsamen Zeichen, Totenköpfen, Engelsflügeln. Ich streiche mit der Hand über einen Stein – eiskalt.


„Wer liegt hier, Papa?“

„Reiche Familien“, sagt er. „Reidemeister, Fabrikanten – Leute, die früher die Eisenwerke in der Eifel betrieben haben.“

Ich nicke langsam. „Also… Bonzen?“

Papa lacht leise. „Ja, kann man so sagen.“


Deshalb nenne ich ihn jetzt den vergessenen Bonzenfriedhof.


Zwischen den alten Gräbern stehen hohe Eisenstangen, Moos hängt wie Spinnweben daran.

Und dann sehe ich es – ein kleines Gebäude, halb im Boden versunken. Die Gruft.

Mein Herz klopft.


„Papa, darf ich?“

Er nickt. „Aber bleib vorsichtig.“


Ich schalte meine Taschenlampe ein, das Licht flackert über die Mauern. Die Tür der Gruft steht halb offen.

Ein kalter Luftzug kommt mir entgegen, riecht nach Erde und Stein. Ich trete vorsichtig ein.

Drinnen: Stille. Nur mein Atem und das Knacken meiner Schuhe auf dem Boden.


An der Wand ein eingemeißeltes Kreuz, darüber ein verwitterter Name – Cramer. Ich erinnere mich an das, was Papa erzählt hat:

Die Familie war wichtig hier, vor langer Zeit.

Jetzt ist nur noch das hier übrig – und wir.


Ich leuchte mit der Taschenlampe weiter, bis das Licht auf etwas trifft, das aussieht wie ein Totenkopf – gemeißelt in Stein.

Ich zucke kurz zusammen, dann muss ich grinsen. „Ganz schön düster hier.“

Papa steht in der Tür, schaut rein, und nickt nur. „So war Geschichte eben manchmal.“


Wir bleiben noch einen Moment.

Die Sonne ist inzwischen fast weg, der Himmel glüht rot durch die Äste.

Ich stelle mir vor, wie hier früher Menschen in schwarzen Anzügen standen, leise sprachen, wie das Eisen klirrte in den Werken unter ihnen – und wie die Zeit sie alle verschluckt hat.


Als wir den Friedhof verlassen, drehe ich mich noch einmal um.

Zwischen den Gräbern weht der Wind, Blätter tanzen, und für einen Moment sieht es aus, als würde jemand dort stehen – ein Schatten, der sich gleich wieder im Abendlicht verliert.


Ich atme tief ein.

„Papa?“

„Ja?“

„Ich glaub, das war mein gruseligstes Abenteuer bisher.“

Er lächelt. „Und eines der spannendsten.“


Ich nicke.

Und weiß genau: Das hier vergesse ich nie.





 
 
 

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